Heute möchte ich mal kein Foto posten, da mich andere Dinge zurzeit viel mehr bedrücken (könnte man fast sagen), als das ich mich auf das Fotografieren konzentrieren könnte. Es bewegen mich viele Dinge, die hier gerade in Dresden, Sachsen und Deutschland ablaufen und ich suche schon die ganze Zeit nach Erklärungen und Antworten dafür. Seitdem im letzten Herbst Pegida angefangen hat hier jeden Montag ihre Demonstrationen abzuhalten, hat sich das Klima in Dresden und anderen Orten deutlich abgekühlt und ich fühle oft nur noch Kälte, Frust und oft auch Hass. Insbesondere wenn ich die Bilder von den Demonstrationen sehe oder die vielen Kommentare im Internet lese. Ehrlich gesagt fühle ich mich zurzeit nicht mehr Wohl in meiner Stadt, in der ich eigentlich sehr gerne lebe.
Hat dieser Hass und Rassismus, den man jetzt erlebt, schon immer im Verborgenen existiert und traut sich jetzt wieder in die Öffentlichkeit? Ehrlich gesagt, fühle ich mich stellenweise an die 90er Jahre erinnert … an Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen oder Mölln. Zum Glück ist es noch nicht so weit gekommen, dass wieder Asylheime brennen und der Mob davor Beifall klatscht. Aber ich habe die Angst, dass es bald wieder soweit sein wird.
Was war denn 1989, als viele DDR-Bürger über Ungarn oder die Tschechoslowakei nach Westdeutschland flohen? Waren das denn Kriegsflüchtlinge oder politisch Verfolgte? Oder ging es ihnen nicht oftmals darum so reisen zu können wie die Westdeutschen, das „harte“ Geld zu haben wie die Westdeutschen, so zu konsumieren und zu leben wie die Westdeutschen? Waren die diese Flüchtlinge also im Grunde genommen nicht auch Wirtschaftsflüchtlinge? Und welcher DDR-Bürger hat denn nicht nach der Öffnung der Mauer bei einem Besuch in Westberlin und in der Bundesrepublik das sogenannte Begrüßungsgeld geholt? Sicherlich der Großteil. Und heute wirft man Flüchtlingen aus anderen Ländern vor sich bei uns bereichern zu wollen, nur unser gutes Geld haben zu wollen usw.
Woher kommen dieser Rassismus, der Hass und die Missgunst bei vielen Leuten? Warum gibt es so viel Streit, wenn Leute aus Kriegsgebieten hier Asyl beantragen wollen und irgendwo untergebracht werden müssen? Natürlich sind auch Menschen darunter, die sich ein besseres Leben erhoffen. Aber ist es nicht natürlich, dass, wenn man in seinem eigenen Land keine Hoffnung mehr hat, für sich selber keine Zukunft mehr sieht, sich aufzumachen und woanders sein Glück zu suchen? Gab es das nicht schon immer in der Geschichte der Menschheit? Wie viele Deutsche wanderten in vorigen Jahrhunderten in die USA aus, weil sie sich dort ein besseres Leben erhofften? Wie viele wandern heutzutage in andere Länder aus z.b. in die skandinavischen Länder oder nach Nordamerika? Wie würden diese Deutschen reagieren, wenn man sie dort mit hasserfüllten Parolen empfinge?
Wann ist die Empathie vieler Menschen auf der Strecke geblieben, dass sie es anderen nicht mehr gönnen, dass sie sich hier in Deutschland ein neues Leben aufbauen? Liegt es am härter werdenden Verteilungskampf im herrschenden Wirtschaftssystem? Fühlen sich manche dadurch in ihrer Existenz bedroht und projizieren ihre Ängste und ihren Frust auf Menschen, denen es noch schlechter geht als ihnen selber?
Leider weiß ich auch keine abschließende Antwort auf all die Fragen. Aber es hilft manchmal schon, sich das alles von der Seele zu schreiben, auch wenn es die Probleme natürlich nicht lösen kann.
Diese Zeilen würde ich zu 100 Prozent unterschreiben und ich bin froh, dass es auch Menschen gibt, die nachdenken und Empathie empfinden. Es gibt sicher keine wirklich gute Antwort auf Ihr Nachdenken. In der Geschichte hat sich mit Varianten immer alles wiederholt…Krieg, Frieden, Vernunft, Gefühl, Hunger, Wohlstand…..der Mensch hat die Möglichkeit zu denken und zu fühlen, neigt aber sowohl im Kleinen, als auch im Großen zu Neid, Machtgehabe, Gier und sei es aus Angst, oder Bequemlichkeit auch zum unüberlegtem ‚Mitlaufen‘.
Vielen Dank für die Antwort. Es baut einen doch immer wieder ein wenig auf, wenn man merkt, dass es noch geügend andere Menschen gibt, die auch so empfinden. Auch wenn es manchmal nicht so scheint, gibt es die auch in Dresden und darüber bin ich auch sehr froh und das lässt mich hoffen 🙂
Lieber Robert, diese Gedanken habe ich mir auch zur Genüge gemacht. Die Bilder, die dummen Aussagen, die platten hohlen Sprüche aus dem geliebten Elbflorenz, ich konnte es nicht fassen. Selbst habe ich ein offenes, freundliches und großzügiges Dresden erlebt und ich will mir diesen Eindruck nicht von ein paar Hohlköpfen zerstören lassen. Weil es eben nicht die Mehrheit ist, die sich vor den fremdenfeindlichen Karren spannen läßt.
Ich will jetzt die Diskussionen nicht wiederholen, Sie haben alle Fragen gestellt, die notwendig sind. Möge ein jeder Mitmensch sich selbst die Antworten geben und erkennen wie weit sein eigener Horizont reicht.
Und beim nächsten Dresdenbesuch tackere ich Sie nun endgültig auf ein Schönstelbbiergartentreffen fest, abersowasvon. Herzliche Grüße, Ihre Käthe, freundlich zugeneigt.
Es freut mich sehr, dass sie ähnlich denken wie ich 🙂 Vielen Dank für ihre netten Worte und natürlich freue ich mich schon auf ein „Schönstelbbiergartentreffen“, falls es denn mal klappen sollte 😉
Hat dies auf Blablabeere rebloggt.
Du sprichst mir aus der Seele!
Wie soll ich mich auf meine Prüfungen konzentrieren, wenn ich in Dresden, meiner liebsten Stadt, so viel machen müsste, damit eben dieser Hass verschwindet? Lerne ich jemanden neuen kenne, habe ich fast Angst davor seine Meinung zu diesem Thema zu hören, gerade hier in Dresden und Umgebung.
Hallo und danke für deinen Kommentar 🙂 Ich denke, vielen Leute, die sich mit all dem beschäftigen geht es so. Am liebsten möchte man das Thema gar nicht ansprechen, weil man befürchtet, darüber gleich in Streit zu geraten oder bisherige Freunde zu verlieren. Aber andererseits bringt es das ja auch nicht, wenn man einem Problem immer nur ausweicht. Was mich eigentlich am meisten stört, ist die Ignoranz vieler Leute bei all dem. Die meinen z.B., wenn es sie nicht persönlich betrifft, muss man ja auch nicht aktiv werden. Nur sollte uns die Geschichte besonders unseres Landes eigentlich lehren, dass dies die falscheste aller Einstellungen ist.
Ja, besonders die Problematik mit Freunde verlieren geht mir momentan an’s Herz. Aber du hast Recht, wenn wir aus Angst schweigen wird es nicht besser!